Römische Nekropole

Wie wichtig es vermeintlich bedeutenden Menschen ist, sich auch nach dem Ableben der Nachwelt eindrucksvoll zu präsentieren, ist auf dem größten Parkfriedhof Europas in Hamburg-Ohlsdorf zu sehen. Neben künstlerisch angefertigten Grabsteinen ragen monumentale, überbordende Skulpturen, ja kleine Gedenkstätten zwischen den mächtigen Rhododendren der Parkanlage empor.

Das gab es auch schon bei den alten Römern. Oder haben wir den Brauch von ihnen übernommen? Ich weiß es nicht. Wäre schön, wenn sich ein Altertumskundler oder überhaupt ein kundiger Mensch dazu äußern würde! Fußblasen-Experten haben sich ja zu Wort gemeldet.

Darstellung aus dem Archäologiepark Carnuntum: Grabstätten entlang der Handelsroute
Darstellung aus dem Archäologiepark Carnuntum: Grabstätten entlang der Handelsroute

Jedenfalls, entlang der Bernsteinstraße von Ljubljana (röm. Emona) über den Pass bei Trojane (röm. Atrans) stoße ich in Sempeter, wenige Kilometer vor Celje (röm. Celeia), auf ein kleines Wunder. Vor 2000 Jahren erstreckte sich neben der Straße eine Reihe von Grabstätten wichtiger Personen aus Celeia. Im 3. Jahrhundert gab es in dem Gebiet eine sintflutartige Überschwemmung, weiß man heute. Die Savinja, ein Nebenfluß der Save, suchte sich ein neues Bett nahe der römischen Nekropole. Grabsteine und Monumente stürzten ins Wasser. Schotter und Schlamm verdeckten sie über Jahrhunderte.

Durch Zufall wurde die Grabanlage 1952 wiederentdeckt. Bauarbeiter stießen bei Erdarbeiten auf die Skulptur einer sitzenden Frau. Einige Jahre nach den Ausgrabungen wurde der Archäologische Park in Sempeter eröffnet. Seine Grabmonumente gehören heute zu den wichtigsten und am besten erhaltenen Denkmälern aus der Römerzeit in Mitteleuropa.

Grabmal in Sempeter
Grabmal in Sempeter

„Die verzierten Monumente waren einst mit Farben bemalt“, erklärt mir die Leiterin des Parks, die ihre Gäste in einer römischen Tunika empfängt und freundlich Auskunft gibt. Gern stellt sie sich für ein Foto in Positur.

Die aufwendig verarbeiteten Grabmonumente kosteten ein Vermögen. Je wichtiger und wohlhabender die Personen waren, desto größer und kostbarer waren die Grabmale. Und die Bedeutung der Verstorbenen wurde auch nach außen gezeigt. Sie verschwanden nicht wie heute hinter dicken Hecken oder hohen Mauern der Friedhöfe. Die Grabstätten von Sempeter erstreckte sich über zwei Kilometer parallel zum stark frequentierten römischen Handelsweg. „Und Bürger, die sich keine Grabstätte leisten konnten“, sagt die Expertin des Archäologieparks, „kamen in Brunnen.“

Blasen-Stopp in Celje

Nein, das Foto werde ich nicht zeigen, das von meiner Fünf-Mark-Stück großen Blase unter dem Fuß. (Wer erinnert sich überhaupt noch an Fünf-Mark-Münzen?) Das Foto ist einfach zu eklig. Sollte ich überhaupt davon sprechen?

Kluge Rezepte liegen ja vor. „Wenn’s schon blutig und entzündet ist“, schreibt Heinz, hilft nur Beinwell. „Warme Bäder mit den frischen Kräutern, nachts diese (vorher gesäuberten) Kräuter in die sauberen Socken stopfen“, das wirke Wunder. Und Rüdiger weist darauf hin, welches Mittel auf keinen Fall empfehlenswert ist.

Kurz vordem Ziel in Zalec: Wer hat das Schild dorthin gestellt?
Kurz vordem Ziel in Zalec: Wer hat das Schild dorthin gestellt?

Nun gut, lassen wir das Thema. Auf jeden Fall zwingt mich mein Blasen-Stopp zu einer dritten Nacht im MCC-Hostel in Celje. Immerhin mit eigenem Acht-Bett-Raum (vier Etagen-Betten) für 15 Euro ohne Frühstück, mit Gemeinschaftsduschen und WC und mit permanenter Musik-Beschallung ab sieben Uhr, sobald ich mein Zimmer verlasse. Zum Glück sind viele „Oldies“ aus den Fünfziger und Sechzigerjahren darunter.

Wie ist es zu erklären, dass ich mich in den einfachen, zum Teil mangelhaft, aber mit individueller Handschrift ausgestatteten, häufig geräumigeren Unterkünften, besser aufgehoben fühle, als in durchgestylten, gleichförmigen und rationaliserten, stimmungsgedimmten Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels? Es liegt wohl an mir.

Nach der Hitze-Etappe von Aquileia nach Gradisca d’Isonzo, der ersten überhaupt, gönnte ich mir „etwas Gutes“ quasi zur Belohnung. Eine Übernachtung im Hotel „Franz“. Allein der Name des Österreichischen Kaisers steht für Renommee. In diesem „Herz der Gastlichkeit“ tragen „Lichter, Formen, Farben, Geschmäcker“ dazu bei, „das Ambiente, Situationen und Augenblicke intensiv und emotional zu spüren und zu erleben“, so die Eigenwerbung.

Es fehlt wirklich nichts. Service freundlich, Frühstück hervorragend. Ein großes Außenschwimmbad lockt. Doch mir mangelt es an Muße die Annehmlichkeiten zu genießen. Wäsche waschen,  beim obligatorischen Stadtrundgang fotografieren und auf den nächsten Wandertag vorbereiten haben Vorrang. Der Hotel-Komfort ist jedoch im Übernachtungspreis eingeschlossen. Eigentlich reichen Bed & Breakfast aus.

Pädagogiken

Geometrische Zentren eines Landes haben etwas Sakrales an sich. Monumente mit Inschriften, Flaggen und Kränze schmücken den Punkt. Sie bilden nicht nur den Mittelpunkt eines Landes. In ihnen kulminieren auch häufig Gründungs- und Staatsidee. Dazu werden sie als Ausflugsziel ausgestattet, mit Sitzbänken, lauschigen Plätzen und gemähtem Rasen. „Der geometrische Mittelpunkt Sloweniens ist einer der beliebtesten Ausflugspunkte“, steht bei visitljubljana.com.

Als mich am Morgen Wirt Zdenko Rajteric vor seiner Gostinice verabschiedet, beginnt es zu regnen. Pünktlich. Ich steige über Serpentinen zum 525 Meter hochgelegenen Dorf Vace, zu deutsch Watsch, auf. In dem kleinen Ort herrscht helle Aufregung. Ein Mann mit grauem Filzhut, es könnte  der Zauberer Merlin sein, legt Kindern ein Zicklein in den Arm. Jedes Kind darf es einmal kurz halten. Dann holt er eine Schlange hervor und hängt sie den kreischenden Mädels und Buben um den Hals. „Das ist tiergestützte Pädagogik“, erklärt mir ein junger Lehrer, der ebenfalls zuschaut.

Der Geometrische Mittelpunkt Sloweniens bei Vace
Der Geometrische Mittelpunkt Sloweniens bei Vace

Unweit von Vace liegt der Geometrische Mittelpunkt Sloweniens. „Wenn Sie schon hier sind, dann müssen sie ihn sich anschauen“, sagt der Lehrer, der aus Lubljana kommt. Dann bekomme auch ich das Zicklein in den Arm und die Schlange um den Hals.

Der Regen nimmt zu. Ich stülpe mir mein Plastikcape über den Kopf, laufe los. Der GEOSS, so die Kurzbezeichnung, liegt verlassen in den wolkenverhangenen Bergen. Die Nationalflagge hängt leblos am Mast. Bei diesem Wetter geht jede pädagogische Wirkung auf den Staatsbürger verloren.

Via Zona Sacra

Ich hab’s befürchtet. Der Text ist futsch. WLAN war zu schwach. Ich hatte doch eigentlich alles gespeichert! Soll ich es noch einmal versuchen?

„Gehen Sie nicht an der Straße neben dem Fluß“, rät mir das Fräulein an der Rezeption im Hotel Franz in Gradisca d’Isonzo, „der Verkehr ist zu stark und es gibt keinen Fußweg.“ Ich entscheide mich für eine Abkürzung über die Hügel. „Es sind schon andere dort gewandert“, ruft Sie mir noch hinterher.

Am Abend zuvor habe ich mir Gradisca d’Isonzo angesehen. Die Altstadt mit dem großen Theater, unschwer zu erkennen, dass einst die Habsburger hier herrschten. Besonders beeindruckend das Kastell aus venezianischer Zeit mit seinen massiven Mauern, das nach Vorgaben von Leonardo da Vinci erbaut wurde. Die Brücke über den breiten Fluß ist keine Schönheit, der Blick in die Ferne jedoch malerisch.

Gleich hinter dem Fluß, in Poggio Terza Armata, geht es am Morgen bergan. Auch die Temperaturen schieben sich, allerdings problemlos, schon früh nach oben. Den Autos bin ich ausgewichen. Das Hinweisschild für die Fahreuglenker nehme ich jedoch wahr: 9 Prozent Steigung!

Mein erstes Ziel, San Martino del Carso liegt etwa 2 km entfernt. Nach wenigen Minuten bin ich schweißnass. Alle 50 Meter brauche ich eine Pause zum Durchatmen. Jede Kurve verbinde ich mit der Hoffnung, dass es dahinter nicht mehr bergan geht. Doch die Strecke ist wunderschön.

Hin und wieder kommen mir Radrennfahrer, mit grellen Farben bedresst, entgegen geschossen. Sie sind schlau: In der Morgenfrische ackern sie sich auf den Hügel, abwärts geht es in der Hitze. Der Fahrtwind erfrischt. Es radelt sich von selbst.

Dann, endlich, erreiche ich ziemlich erschöpft den kleinen Ort. Ein älterer Herr mit fliegendem Unterhemd und türkisfarbener Fahrradhose kommt auf einem Motorroller angeknattert. Er sieht mich etwas orientierungslos vor zahlreichen Hinweisschildern stehen. Groß akklamiert wird die „Zona Via Sacra“. Der Mann spricht nur italienisch, und ich verstehe: In der Nähe gibt es ein interessantes Weltkriegsmuseum. Frisch erholt, dankbar für den Vorschlag, werfe ich meine 10 Kilo wieder auf den Buckel und marschiere los.

Kaum bin ich um die Kurve, geht es wieder bergan. Später lese ich, dass der Mont San Michele 275 Meter hoch liegt. Doch der Blick ins Tal entschädigt für die zusätzlichen Strapazen.

Vor dem Museumsgebäude stehen zahlreiche Geschütze aus dem Ersten Weltkrieg und recken ihre Rohre bedrohlich in die Ebene. Militärstrategisch liegt der Berg optimal. Bei guter Fernsicht kann man das Friaul bis hin zur Adria kontrollieren. Die Höhen des Mont San Michele waren hart umkämpft. Die Opferzahl der Isonzoschlachten, benannt nach dem Tal, durch das sich die Fronten zogen, geht bis in die Million.